Neurodermitis: Eincremen als Allergieprävention
Neurodermitis, auch atopische Dermatitis, ist die häufigste chronische Erkrankung im Kindesalter. Bei zwei Dritteln der Betroffenen beginnt sie schon im Säuglingsalter. Regelmässiges Eincremen von Neugeborenen mit erhöhtem Risiko für atopische Erkrankungen könnte eine Neurodermitis vielleicht verhindern.
Die Allergiekarriere beginnt schon im frühen Säuglingsalter in Form der Neurodermitis. Hoffnungen, deren Start frühzeitig zu verhindern, bringen zwei Studien, die am 10. Deutschen Allergiekongress von Professor Thomas Werfel, Medizinische Hochschule Hannover, vorgestellt wurden.
Eine in Grossbrittannien und den USA durchgeführte Studie umfasste 124 Neugeborene aus Risikofamilien für atopische Erkrankungen, die entweder bis zum 6. Lebensmonat mindestens einmal täglich am ganzen Körper mit einer wirkstofffreien Hautpflege eingecremt wurden oder unbehandelt blieben. Dabei zeigte sich, dass durch das konsequente Eincremen das Risiko für die Entwicklung einer Neurodermitis halbiert werden konnte. In einer japanische Studie mit 118 Neugeborenen mit hohem Neurodermitisrisiko vermochte das tägliche Eincremen während der ersten 32 Lebenswochen das Neurodermitisrisiko um 32% senken.
Sollte sich dieser Schutzeffekt in grösseren Studien bestätigen lassen, wäre laut Prof. Werfel für Risikokinder eine einfache und kostengünstige Präventionsmassnahme hinsichtlich der Entstehung oder des Fortschreitens allergischer Erkrankungen gefunden.
Intakte Haut schützt vor Sensibilisierung
Eine Erklärung für die Schutzwirkung durch konsequente Hautpflege vermutet der Experte in der Förderung einer intakten Hautbarriere. Denn es gäbe mittlerweile deutliche Hinweise darauf, dass bei Neurodermitispatienten über die geschädigte Haut auch eine Sensibilisierung gegenüber Nahrungsmitteln stattfinden kann. So war zum Beispiel in einer britischen Studie mit 619 ausschliesslich gestillten Säuglingen bei den Neurodermitisbetroffenen das Risiko für eine Sensibilisierung gegenüber Nahrungsmittelallergenen nach dem 3. Lebensmonat mehr als sechsmal höher als bei Kindern ohne Neurodermitis, ausserdem hing die Sensibilisierung klar von der Schwere der Neurodermitiserkrankung ab.
Die Sensibilisierung über die Haut könnte dabei durch direkten Hautkontakt mit Nahrungsmitteln erfolgen. Auch Badezusätze oder Pflegeprodukte, die bei Neurodermitispatienten ohnehin am besten zu vermeiden sind, wären so als Auslöser denkbar, durch direkten Kontakt oder über eine hohe Raumluftkonzentration, so Prof. Werfel in seinem Vortrag.
Einmal mehr bestätigt sich damit die Bedeutung der gesunden Haut als Schutzorgan. Im Fall der Neurodermitis kann eine intakte Hautbarriere den Verlauf einer manifesten Erkrankung entscheidend beeinflussen und - wie die aktuellen Erkenntisse zeigen - bei vielen Risikopatienten wahrscheinlich die Krankheit selbst sowie weitere allergische Erkrankungen verhindern.
Mehr zum Thema: Krankheit - Neurodermitis, Atopische Dermatitis
- Author: Ärzte Zeitung 2016
- Publisher: Mediscope
- 15.02.2016 - 16:16:18